Aus dem Krankenhaus entlassen: was folgt danach?

von Werner Schnuppe:
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„Die Verweildauer im Krankenhaus reduziert sich stetig. Vor diesem Hintergrund wird
das Entlassungsmanagement immer wichtiger, um eine kontinuierliche,
bedarfsgerechte Versorgung sicherzustellen.“ Mit dieser Einschätzung wurde am 29.
September 2011 mit dem vom Stadtrat beschlossenen „Fachplan Seniorenarbeit und
Altenhilfe“ der Auftrag erteilt, „für ein zuverlässig abgestimmtes Zusammenwirken und
eine optimale Vernetzung aller am Entlassungsmanagement in der Landeshauptstadt
Dresden beteiligten Leistungserbringer zu sorgen“. Ausgehend von einer
Bestandsaufnahme und verstärkter Kommunikation untereinander, so der Stadtrat, „sind
Vorschläge und Projekte mit dem Ziel einer hohen Qualität in der Versorgungskontinuität
zu erarbeiten“.

Dieser Aufgabenstellung nahm sich die unter meiner Leitung stehende Arbeitsgruppe
„Überleitungsmanagement“ des am 10. Dezember 2011 gegründeten „PflegeNetz
Dresden“ an. Fachlich begleitet von der Pflegewissenschaftlerin Prof. Bärbel Dangel und
meiner Kollegin im Seniorenbeirat, der Internistin Dr. med. Rotraut Sawatzki, kommen
die Mitglieder der Arbeitsgruppe aus den Reihen der Pflegekassen, Krankenhäuser und
Reha-Einrichtungen, Pflegedienste, Pflegeheime und Kurzzeitpflegen, Apotheken,
Selbsthilfegruppen und Angehörigenvertreter sowie aus Sozialdiensten, dem Sozialamt
und dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen.

Im Jahre 2012 waren es z. B. in den Städtischen Krankenhäusern Dresden-Friedrichstadt
ca. 39.000 Patienten und in Dresden-Neustadt ca. 21.600 Patienten, die stationär
aufgenommen und wieder entlassen worden sind. Mit einer ersten Bewertung der Ist-
Situation der pflegerischen Überleitung in Dresden wurde 2012 in vier
Gesprächsgruppen von 32 Beteiligten die Arbeit aufgenommen. Diese zeigte konkrete
Probleme auf, so hinsichtlich des Zeitpunkts der Entlassung (Freitagmittag, kurzfristig,
Termine geändert, …), zur Qualität der übermittelten Inhalte (zu knapp, zu wenig
aussagekräftig), oder auch dass Pflegedienste doppelt beauftragt wurden. Auf spezifische
Defizite, so zu nicht mitgegebenen Medikamenten oder dem Fehlen der Unterlagen wurde
hingewiesen. Eine unzureichende fachliche Dokumentation der Überleitung wurde
angemerkt. Thematisiert wurde auch der Umgang der Institutionen mit den
Informationen der jeweils anderen beteiligten Institution und
Kommunikationsschwierigkeiten.

Daraufhin erfolgte auf der Basis von Selbsteinschätzungen eine Befragung zur
Umsetzung des „Expertenstandards Entlassungsmanagement“ in den Krankenhäusern
Dresden-Friedrichstadt, Dresden-Neustadt, Diakonissenkrankenhaus, St. Josef Stift und
dem Uniklinikum sowie der Bavaria Klinik Kreischa. Die Auswertung erfolgte im 1. Quartal
2013 mit allen Beteiligten. Der zusammenfassende Bericht und meine Besuche in allen
sechs Kliniken und die Gespräche mit den Pflegedirektorinnen und –direktoren
verdeutlichten, dass zu den Fragen einer pflegerischen Überleitung in jedem der Häuser
gearbeitet wird und praktikable Lösungen angestrebt werden. Gleichzeitig wurde auch
auf noch bestehende Probleme hingewiesen. Dazu gehören in Dresden jüngste
Schließungen von Kurzzeitpflegen und der wachsende Aufwand zur Ermittlung freier
Kapazitäten in den ambulanten und stationären Pflegediensten bzw. –einrichtungen. Es
war spürbar, dass die mit dem Thema befassten Leiter, Sozialarbeiter und Mitarbeiter um
die noch zu lösenden Aufgaben wissen und an deren Lösung aktiv arbeiten. Der
Stellenwert eines von pflegerischen Fachkräften organisierten Entlassungsmanagement
bestätigte sich in der Praxis.

Ob nach einer akuten oder einer geplanten Aufnahme, zumeist wird von den Patienten
der Tag der Entlassung in die vertraute Wohnung, möglichst mit erfolgter Heilung oder
Linderung eines Leidens, herbeigesehnt. Einschneidend für manchen Patienten ändert
sich dabei der Tagesablauf. Besuche beim Hausarzt, Physiotherapien, die
Inanspruchnahme von Pflegediensten und Haushaltshilfen bis dahin, dass ein
behindertengerechtes Einrichten der Wohnung erforderlich ist. Auch kann es zur
anschließenden Einweisung in eine Reha-Einrichtung oder in ein Pflegeheim kommen.

Alle Beteiligten waren sich einig: hier nicht allein gelassen zu werden, dazu bedarf es
einer strukturierten fürsorglichen Beratung, Hilfe und Unterstützung durch die Kliniken.
Ein guter Übergang zwischen stationärer Behandlung und ambulanter Versorgung
beziehungsweise Rehabilitation und auch umgekehrt wird immer wichtiger. Inzwischen
wurde für den erforderlichen Informationsfluss zwischen den beteiligten Einrichtungen
und Diensten ein „Dresdner Überleitungsbogen“ unter Federführung von Matthias
Beine, Geschäftsführer der Cultus gGmbH, Karin Fuchs, Pflegedirektorin des KH
Friedrichstadt und Heike Vogelbusch, Pflegemanagement im Uniklinikum, erarbeitet.
Dieser wird im 3. Quartal 2013 in einer Pilotphase getestet und soll nach seiner
Auswertung in Dresden zur breiten Anwendung kommen.

Entscheidend für die Netzwerkarbeit war die Erkenntnis, dass Erfolge nur auf dem Weg
zu mehr Miteinander aller daran Beteiligten erreicht werden können. Jedem ist
klarer geworden, dass die Patienten durch ein möglichst frühzeitiges Aufnahmeverfahren
bereits auf die Zeit nach dem Klinikaufenthalt einzustellen sind. Beratungs-, Schulungsund
Koordinationsleistungen dienen dazu, eine bedarfsgerechte nachstationäre
Versorgung sicherzustellen und den Patienten bei der Bewältigung seiner veränderten
Lebenssituation zu unterstützen. In der Berichterstattung der Steuergruppe des
PflegeNetz Dresden im Seniorenbeirat am 27. Mai 2013 wurde die wichtige Lehre
hervorgehoben, dass es hierbei nicht nur um Qualitätsforderungen an die Krankenhäuser
geht. Genauso gilt es, nachdem die Aufbauphase des PflegeNetz erfolgreich
verlaufen ist, auch jeden Übergang von einer Einrichtung oder eines Pflegedienstes in
ein Krankhaus strukturiert zu gestalten und dabei immer die Patienten und ihre
Angehörigen aktiv mit einzubeziehen.